Wie waren sie, die 1990er? Man denkt an Grunge und Goths und dirty Raves in alten Fabrikhallen… aber olfaktorisch waren es wohl eher die cleanen 90er. Denn nach den opulenten, exzessiven 80er Jahren kam ein jähes Erwachen – die Epidemie des HI Virus wurde von vielen als Karma angesehen. So erwachte ein übersteigerter Wunsch nach Sauberkeit und Desinfektion, was sich in der Beliebtheit der Marken wie „Dove“ zeigte. Die Duftlandschaft war nun von leichten, transparenten Tönen geprägt.

»Minimalismus war angesagt.«

Unschuldiger weißer Moschus und neuartige aquatische Noten malten ein verschwommenes Bild: das verlorene Paradies. Minimalismus war tonangebend, natürlich auch als Gegenbewegung zum vorherigen Jahrzehnt. Die Kleidung von Helmut Lang und Ann Demeulemeester passte wunderbar zu einem puristischen Duft wie „L’Eau d’Issey“ von — selbst Minimalist — Issey Miyake. Das blitzsaubere „CK One“ von Calvin Klein war der erste „unisex“ Duft mit großem Erfolg. Und vielleicht ein erster Duft, der so erfolgreich an Jugendliche beworben wurde. Diverse und androgyne Körper in frisch gewaschener Grungekleidung als schwarz-weiß Fotografie auf den Billboards…

»Plötzlich gab es Gourmands.«

Ansonsten war die Duftlandschaft von blumig-fruchtigen, als „weiblich“ beworbenen Kompositionen dominiert, an denen sich niemand störte. Tatsächlich erschienen dann doch Düfte, die das genaue Gegenteil der meist aspetischen Kompositionen waren und nachhaltig die Mainstream- und Nischen-Parfümerie beeinflussten: „Féminité du Bois“ von Shiseido, ein erster holziger Duft für die Frau und „Angel“ von Thierry Mugler. Letzteres leitete das Genre der Gourmands ein mit seinem zuckrigen Etylmaltol, das einem bitteren Patchouli gegenübersteht.

»Ein Jahrzehnt der Neuerungen.«

Mit „Le Male“ von Jean Paul Gaultier setzte der damals junge Francis Kurkdjian durch ein ungewohnt süßes Fougère neue, kühne Maßstäbe in der Welt der Herrendüfte. Bravo, es gab viele Neuerungen in der Welt der schönen Düfte in den 90ern.

Von der hartnäckigen Sauberkeit konnte man sich im Laufe des Jahrzehnts also doch noch lösen und eine Diversität an Düften (und Geschlechtermodellen) willkommen heißen, mit der man hoffnungsvoll ins neue Millennium blickte.

Passend zum minimalistischen Jahrzehnt der 1990er Jahre gibt es den Duft „No. 17 Laundrette“ von Frau Tonis Parfum. Eine Ode an die Farbe Weiß. Minimalistisch und nahezu transparent in seiner Reinheit.