Bildcredits: Carolin Saage
Sie sagt über sich selber: „Ich schreibe über allerlei Unnützes, nicht immer gut, aber dafür selten. Hobbys sind Fernsehen und Bücher.“ Mit „Wir kommen“ und „Heute ist leider schlecht“ hat sie bereits Bestseller verfasst. Ronja von Rönne galt als Gegenstimme einer Generation und schrieb gegen Gendern und Feminismus an. Nun ist von Rönnes autobiografischer Essay „Trotz“ erschienen – ihr persönlichstes Werk. Uns erzählt sie in einem fast schon poetischen Duft-Interview, warum Küchen ihre olfaktorischen Lieblingsorte sind und wie sehr Düfte ihre Stimmung beeinflussen.
Parfüm ist für mich…
Der krönende Abschluss, das letzte, was ich auftrage, bevor ich das Haus verlasse. Und auch: Heimat. Manche Parfums gehören zu ganz bestimmten Lebensabschnitten, und wenn ich L’eau d’Issey rieche, denke ich an meinen besten Freund.
Dein neues Buch „Trotz“ ist gerade erschienen. Wie würdest du Trotz olfaktorisch beschreiben?
Ein widerspenstiger Duft. Hat Adrenalin einen Duft? Es müsste nach Bretagne riechen, nach Salz und großen Atlantik Wellen, nach Freiheit und nach der ganzen, großen Welt.
Du bist im oberbayerischen Grassau aufgewachsen. Wie würdest du den Duft deiner Kindheit und Jugend beschreiben?
Unser Garten war groß, und roch gefühlt zu jeder Jahreszeit unterschiedlich. Kirschblüten und nasser Hund, Lagerfeuer und frisch gemähtes Gras. An Weihnachten dann: Vanillig und nach Plätzchen. Und immer wenn man gerade mit dem Rad unterwegs war: Nach Kuh-Dung.
»Ich liebe den Geruch von Küchen.«
Welchen Moment würdest du gerne einmal als Duft konservieren?
Den Moment, in dem ich das erste Mal meinen jetzigen Freund angesprochen habe. Der Moment, in dem ich meinen ersten Buchvertrag unterschrieben habe. Der Moment, in dem mein bester Freund und ich mit lauter Musik meine Sachen aus der Wohnung meines ExMannes zusammengepackt haben.
Hast du einen olfaktorischen Lieblingsort? Und wenn ja: kannst du diesen beschreiben?
Küchen. Egal welche Küchen. Küchen, in denen gerade gekocht wird und es nach Safran und Salbei duftet, und Küchen in denen gerade gefeiert wird und der Rauch in der Luft steht. Und der Klassiker: Petrichor, den Geruch, der auf Regen folgt.
Wie beeinflussen Düfte deine Stimmung?
Gerüche sind für mich extrem mit Erinnerung verknüpft. Ein zufälliger Geruch von einer ganz bestimmten Lavendel Seife – schon bin ich wieder im Badezimmer meiner Großmutter. Ich habe keine große Parfumsammlung, sondern meist eines für ein oder zwei Jahre. Und dann ein Neues. Wenn ich jetzt “Red Jeans” rieche, bin ich plötzlich wieder in München, verliebe mich in den Falschen und bin trotz wenig Geld sehr glücklich.
»In Parfümerien bin ich lost.«
Hat sich dein Duftempfinden über die Jahre verändert?
Ich bin die Generation “Vanilla Kiss”, ein penetrantes Deo, dass eine ganze Generation geprägt hat. Unfassbar aufdringlich, viel zu süß. Heute mag ich subtile Düfte. “Rain” von Marc Jacobs war so eines. Ich mag alles Frische, alles Sauber, alles Spannende. Aber leider bin ich unfassbar schlecht im Entscheiden und immer sehr, sehr lost in Parfümerien. Also hoffe ich auf Boyfriends und Freunde, die mich besser kennen als ich mich.
In deinem Buch „Ende in Sicht“ geht es um zwei Frauen aus unterschiedlichen Lebenssituationen, die beide sterben möchten, gemeinsam machen sie einen Roadtrip. Wenn dieses Buch ein Parfum wäre, wie würde es riechen?
Nach Kölnisch Wasser, für meine ältere Heldin. Und nach Abenteuer, nach dem Salz von Tränen, nach Chlorwasser, nach Frittenfett und großer Liebe.

Fotos: Carolin Saage
»Abends riecht Berlin animalisch«
Du lebst in Berlin. Wenn die Stadt ein Duft wäre, wonach würde er riechen?
Die U-Bahn ist der Ort, wo alle aufeinandertreffen. Es riecht in den Stationen, wie es wahrscheinlich schon seit Jahrzeiten riecht: Ein bisschen Schmieröl, der Geruch von Menschen, von Essensständen und abgestellten Bierflaschen. Abends riecht die Stadt animalisch. Nach Tanz, nach schwerer Süße, nach Nähe, nach Ekstase. Gerüche wechseln sich wild ab, die subtile Sandelholz-Noblesse vom Ku‘Damm trifft auf puren Hedonismus. Es wäre ein dreckiges, wildes Parfum, das nicht jedem gefällt, aber geliebt wird.
Und zu guter Letzt: Kennst du bereits Düfte von Frau Tonis. Wenn nicht: welche Düfte empfiehlt dir unser Dufttest?
No. 22 Hamburg – aber ich bin offen für alles. Ich liebe es, wenn mich ein Duft überrascht. Wenn ich merke, dass das, was ich eigentlich immer kaufe, the safe bet, eigentlich gar nicht ich bin.
Über die Reihe
Was beschreibt den Duft Ihrer Jugend? Wie riecht Heimat? Warum gibt es Menschen, die einem Duft das ganze Leben treu bleiben, während andere stets auf der Suche sind? In unserer neuen Interview-Reihe suchen wir nach Antworten und werfen dafür einen Blick in das olfaktorische Gedächtnis von Frau Tonis Freund*innen.