Dora Goldsmith ist Doktorandin der Ägyptologie an der Freien Universität Berlin und geht in ihrem Promotionsprojekt Düften im alten Ägypten nach. Um die altägyptischen Dokumente, mit denen sie arbeitet, besser zu verstehen, wendet Dora unter anderem Methoden der experimentellen Archäologie oder des „learning by doing“ an: Sie rekonstruiert Gerüche, die in antiken Quellen beschrieben werden. Die so kreierten Düfte werden nicht nur in Museen in den USA und Japan präsentiert, Dora gibt auch Duftworkshops (https://www.illuminatedperfume.com/products/ancient-egyptian-perfumery-workshop-series-with-dora-goldsmith) auf der ganzen Welt, bei denen die längst vergessene (Duft-)Welt der alten Ägypter wieder zum Leben erweckt wird. Im Duft-Interview berichtet sie uns von ihrer Faszination für Mumien und verrät uns, wonach ihr Zuhause riecht.

Parfüm ist für mich…
… Kultur in einer Flasche.

Du erforschst die Geruchswelten der Antike. Seit wann stellen Ägypter Parfum her?
Die Parfumherstellung beginnt direkt mit der ägyptischen Zivilisation. Das sind etwa 4000 Jahre Geschichte. 3400 vor Christus bis etwa 500 nach Christus. In Ägypten ist die Geschichte des Parfums so alt wie die Geschichte Ägyptens selbst. Die Erfindung der Hieroglyphenschrift hat es den Ägyptern erlaubt, Parfumrezepturen niederzuschreiben.

»Ich könnte noch jahrelang zum Thema Duft forschen!«

Durch eine Hausarbeit zu altägyptischen Düften bist Du auf Dein Promotionsprojekt gestoßen. Was hat Dich daran fasziniert?
Ich habe einen Masterkurs über die „Archäologie der Sinne“ belegt. Ich denke, dass man über die Sinne einer Kultur sehr nahekommen kann. Tatsächlich gab es verhältnismäßig wenig zum Thema „Duft“ in der Ägyptologie. Da lag es nahe, eine Hausarbeit darüber zu schreiben, dann eine Masterarbeit bis hin zur Promotion. Dieses Thema ist so unglaublich reichhaltig und vielfältig – ich könnte noch viele, viele Jahre dazu forschen!

Wie roch das alte Ägypten?
Verglichen mit unserer heutigen Kultur roch das alte Ägypten in aller Hinsicht stark, intensiv. Heute gibt es viele geruchsneutrale Zonen. Im alten Ägypten war das anders. Intensive Gerüche gehörten zu bestimmten Orten. In den Tempeln beispielsweise gab es täglich einen speziellen Tempelduft, Feste wurden von intensiven Düften begleitet, während der Bankette trugen die Ägypter Salbkegel auf dem Kopf…

»Ich schnuppere an Mumien, Särgen, Parfumflaschen…«

Im Zuge Deiner Forschungstätigkeit bist Du viel unterwegs. Wohin reist du am liebsten und wie riecht es da?
Ich reise am liebsten in Museen und Bibliotheken. Ich mag den Geruch alter Bücher. An diesen Orten bitte ich immer darum, an „organischen Resten“ riechen zu dürfen. Ich schnuppere an Mumien, Särgen, Parfumflaschen…

Das antike Ägypten war für Dich das „Land der Düfte“. Wie riecht für Dich, im Kontrast dazu, das kontemporäre Berlin?
Mir fallen hier die Menschen auf, die sich mit synthetischen Düften parfümieren. Auf den Straßen, in den Fitnessstudios… Erst durch meine Forschung ist mir aufgefallen, dass man heute keine natürlichen Duftstoffe mehr verwendet. Dieser Unterschied ist für mich frappierend!

»Kleopatras Parfum duftete nach Myrrhe, Kiefern und Zimt.«

Für Aufsehen sorgte auch Dein Versuch, das Parfum der Kleopatra zu rekonstruieren. Was war ihr Duftgeheimnis?
Kleopatras Duft war wahrscheinlich das Mendesian (oder das „Mendesische“). Zur Zeit ihrer Herrschaft war das der beliebteste Duft im Land, er repräsentierte „Ägypten in einer Flasche“. Auch die Griechen und Römer wollten diesen Duft besitzen, er strahlte ägyptische Kultur und Parfumeriekunst aus. Das Mendesian duftete nach Myrrhe, Kiefernholz und Zimt. Ägyptische Parfums waren das Ergebnis Jahrtausende langer Forschung und Erfahrung. Quasi die Essenz enormen Wissens in Sachen Duftstoffe und ihrer Zusammensetzung. Die Ägypter waren Meister darin, die Natur sehr gut zu beobachten. Sie mochten Ausgewogenheit. Eine „Harmonie der Düfte“.

Gibt es eine Duftrichtung/note, die Du in antiken Parfums vermisst?
Ja, ich vermisse sämtliche zitrischen Noten. Und ich vermisse Blüten wie zum Beispiel Flieder. Die Ägypter verzichteten auf alles Leichte, Flüchtige an Duftstoffen…

»Ich habe häufig ein Parfum auf dem Herd«

Wie riecht es bei Dir zu Hause?
Bei mir zu Hause riecht es nach ägyptischen Düften. Je nachdem, was ich rekonstruiere, riecht es mal nach Harzen oder auch mal nach Wacholderbeeren. Ich habe häufig ein Parfum auf dem Herd. Die Konsistenz ist übrigens eher dicht, sprich creme- oder salbenartig. So haben die Ägypter Parfums früher auch hergestellt.

Und zu guter Letzt: welches ist Dein Frau Tonis Lieblingsduft?
Ich habe mich für drei Düfte von Frau Tonis entschieden: No. 08 Été Éternel, No. 19 Oud Weiss und No. 33 Vild.