Sie ist ausgebildete Sopranistin, junge Mutter, Liebhaberin von Vintage Mode und ausgewiesene Duftexpertin: die Rede ist von Nicole Rhoslynn. An ihrem Beruf liebt sie den Wechsel aus harter Arbeit und den Momenten auf der Bühne, in denen sie nur für den Augenblick lebt und singt. Gleichzeitig imponiert sie uns als leidenschaftliche Vintage-Lady mit einem atemberaubenden Instagram Account und Blog. Uns erzählt sie im Duftinterview, dass für sie »nichts auf der Welt so gut riecht, wie ein Neugeborenes« und dass ein Duft von Frau Tonis für sie wie ein »Frühlingserwachen« wirkt.

Parfum ist für mich …
… sowohl Kleidung, als auch Spiegel. Parfum vervollständigt meinen Look, ohne Duft fehlt etwas. Parfum spiegelt meine Stimmung oder aber interpretiert, was mein Gemüt nun braucht. Es hat dabei ein Alleinstellungsmerkmal inne, das immer geht – Tag, Nacht, drinnen, draußen, angezogen, nackt. Ein Ausdruck unserer Selbst, das unser Bild sogar schon transportiert ehe man uns sieht.

»Ein Duft soll mich überraschen!«

Was macht einen guten Duft für Dich aus?
Eine gute Sillage und lange Haltbarkeit sind ideal, doch betreffend der Duftkomposition ist es schwer zu verallgemeinern. Er muss zu mir sprechen, mich abholen oder mir etwas erzählen. Dabei achte ich darauf, ob er mir Erinnerungen bringt, mich träumen lässt oder meine Stimmung hebt. Und das kann manchmal völlig unerwartet sein – wenn ich etwas bei Düften gelernt habe, dann mich nicht auf gewisse Noten einzustellen. Manchmal verpasst man sonst etwas Wunderbares!

Welche Erinnerung würdest Du gern als Duft konservieren?
Die Geburt meines Sohnes. Ich war ungemein neugierig auf den Duft, der mich erwarten würde – all die Jahre las ich von Müttern, die den Duft ihrer Neugeborenen en detail beschreiben konnten. Doch ich fand nie Worte, nie etwas Vergleichbares, es war schlichtweg Liebe. Und diese weder floral, noch tief – es roch rein, klar, selbstverständlich, bedingungslos. Das Natürlichste, das laut und leise zugleich ist.

»Meine Jugend duftete nach Wäldern und Seen.«

Was beschreibt den Duft Deiner Jugend?
Süß, vielschichtig, hinauf blickend – »J’adore« von Dior, mein erster richtiger Duft. Ich erinnere mich nicht mehr wie er zu mir kam, er war plötzlich mein und blieb es viele Jahre. Dies kombiniert mit dem Duft der Wälder und Seen, an denen ich aufwuchs.

Wenn Berlin ein Parfum wäre, welchen Duft hätte es?
Mit Berlin pflege ich seit 10 Jahren eine Hass-Liebesbeziehung. Ich wollte nie hierher, fühlte mich immer nur auf Durchreise und konnte mich nie mit der Stadt eigenen Ästhetik anfreunden und dennoch ist da diese anonyme Herzlichkeit, ja das klingt seltsam, wo doch die »Berliner Schnauze« eben keine offenen Arme suggeriert. Doch hat man sich an den Tonfall und das Tempo der Stadt gewöhnt, lässt man sich fallen und ist überrascht von lächelnden Gesichtern im eigenen Kiez, von dem einnehmenden Kulturmix, von der Spontanität. Berlin duftet für mich grün, cool, doch mit einer tiefen Moschus-Note, die die vielschichtige Geschichte der Stadt erahnen lässt.

»Oper hat eine sakrale Note.«

Als Opernsängerin ist die Oper dein Zuhause. Welchen Duft verbindest Du damit?
Die Oper ist für mich warm, rosig mit Moschus und etwas Weihrauch für die sakrale Note – ein Wohlfühlort: manchmal heilig, oft magisch, stetig voller Emotionen.

Gibt es einen »comfort scent«, der Dich an Deine Heimat erinnert?
Interessanterweise hätte ich »comfort scent« nicht mit Heimat assoziiert, sondern ich dachte direkt an Chanel No5, mein Signature. Ein Duft, auf den ich mich immer verlassen kann, was mir wiederum Komfort bereitet. Er passt immer zu meinem Look, hebt immer meine Stimmung, hat mich noch nie enttäuscht. Und dabei ist er völlig losgelöst von Zeit und Ort.

»Grasse à toi ist mein Tonis-Liebling!«

Hast Du ein ganz spezielles Duftritual?
Welch eine schöne Frage, da musste ich etwas nachdenken. Ritual lässt sich gedehnt betrachten – es beginnt, dass ich jeden Duft, den ich überlege zu kaufen, über Wochen Probe trage. Ich empfinde den Zeitraum als recht intim – der Duft und ich nähern uns, wir beschnuppern uns, passen wir zusammen? Ich gehe dabei in mich und habe manchmal das Gefühl, dass die Zeit dann langsamer verläuft.

Düfte, die ich in einer bestimmten Zeit neu hatte (Urlaub, besondere Ereignisse), sind auf genau diese Erinnerungen festgelegt und somit für mich nicht im Alltag tragbar. Doch daraus ergibt sich dann das Ritual, das ich vor vielen Jahren mein Dufttagebuch nannte. Ich hob leere Flakons auf (nicht wissend, dass Düfte irgendwann kippen), verstaute sie in einer lichtgeschützten Box, und wenn ich in Erinnerungen schwelgen wollte, roch ich an ihnen. Und es überkamen mich detaillierte Szenen, Gefühle – ähnlich wie Musik es schafft. Und so ist es auch heute, wenn ich an Düften schnuppere, die auf Erinnerungen festgelegt sind.

Und zu guter Letzt: welches ist Dein Frau Tonis Lieblingsduft und warum?
Unter all den wunderbaren Düften muss ich den einen nennen, der aus dem Sortiment ging: Grasse à toi. Schon beim Namen war ich damals hin und weg – so kontrovers die Stadt heute auch sein mag, ich empfand meinen Besuch dort vor Jahren als wahnsinnig romantisch, urig und wunderschön! Das Parfum greift das wunderbar auf, mich umspielt ein Blumenmeer, ein Frühlingserwachen!