Bildcredits: Johanna Maria Dietz
»Parfum gut einsetzen zu können, ist für uns hohe Kunst.«
Das Atelier Embloss aus Berlin-Prenzlauer Berg kombiniert außergewöhnliche Blumeninstallationen mit konzeptionellen Gestaltungen. Gegründet von Ann-Kathrin, einer Floristin, und Berit, einer Oberflächendesignerin, verschmelzen hier florale Elemente mit künstlerischen Konzepten. Ann-Kathrin, die eine tiefe Leidenschaft für Natur und großflächige Installationen hat, und Berit, die sich von sumpfigen Landschaften und Textildesign inspirieren lässt, erschaffen gemeinsam innovative und ästhetisch ansprechende Werke, die weit über traditionelle Floristik hinausgehen. Im Duftinterview verraten sie uns, woher sie ihre Inspiration beziehen und wie sie Berlin olfaktorisch erleben.
»Düfte beeinflussen jeden Tag unsere Stimmung und wecken Erinnerungen.«
Was ist eure Lieblingsjahreszeit, um schöne Bouquets oder Installationen zu gestalten? Und wie würdet ihr diese Jahreszeit olfaktorisch beschreiben?
Anni: Wir sind uns einig: auf jeden Fall der Spätsommer. Ganz typisch dafür ist der Geruch von Lathyrus Odoratus, der Duftwicke. Sie haben einen sehr feinen Geruch, den wir als samtig beschreiben würden.
Welche Blume riecht für euch am besten?
Berit: Ich bin in einer Imkerfamilie aufgewachsen, inmitten von Löwenzahn- und Rapsfeldern. Direkt ans Haus angrenzend gibt es eine Trockenmauer mit allerlei Kräutern wie Rosmarin, aber auch büschelweise Katzenminze, eine bienenfreundliche Staude. Nach wie vor ist sie eine meiner Lieblingsblumen, deren Duft eine warme Zitrusnote trägt.
»Wir mögen das Verwilderte, Natürliche, Romantische.«
Gibt es einen bestimmten Moment in eurem Leben, den ihr gerne als Duft konservieren würdet?
Den Tag unserer Ateliereröffnung. Der Duft von Zypressenholz und erdiger Frische prägte die Stimmung im Raum und symbolisiert für uns den Beginn eines neuen Kapitels. Wir haben überall im Atelier Gräser mitsamt ihren Wurzeln platziert, als würden sie wild aus allen Ecken sprießen – wir mögen das Verwilderte, Natürliche, Romantische. Im Dezember hat es oft geschneit, sodass wir die Gräser in den Tagen zuvor bei uns getrocknet haben und sie dadurch noch intensiver gerochen haben.
Ihr habt im letzten Jahr euer Atelier Embloss gegründet und erschafft Designs und Installationen für spannende Unternehmen. Können euch Düfte auch als Inspirationen für diese Installationen dienen?
Durch unsere räumliche Arbeit beziehen wir alle Sinne in die Gestaltung ein, darunter natürlich auch Düfte. Unsere floralen Kreationen sind oft für Kund*innen aus dem Gastronomiebereich bestimmt, daher ist unsere Tendenz grundsätzlich, dass die Blumen eher dezent riechen. Vor Events fragen wir oft nach der Menükarte. Spannend ist es, eine Symbiose zwischen den Lebensmitteln und Blumen herzustellen – nicht nur visuell. Vor ein paar Tagen haben wir regionale Mirabellenzweige in ein Restaurant gebracht. Die süße Note fiel der Kundin sofort positiv auf, doch schon nach ein paar Tagen musste etwas Neues her.
»Danach riecht Berlin in erster Linie: nach dem Wechsel. Im Sommer Grillgeruch und Marihuana, im Winter…«
Dezent oder wahrnehmbar – was ist eure Tendenz bei Düften? Was präferiert ihr bei anderen?
Wir möchten wieder an die Mirabellenzweige anknüpfen – die anfangs sehr süße und frische Note hat plötzlich eine Schwere bekommen. Das begleitet uns ständig im Alltag, denn Parfum gut einsetzen zu können, ist für uns hohe Kunst. Es ist einfach oft ein sehr schmaler Grat zwischen Anziehung und Überdrüssigkeit. Abwechslung ist da immer gut, während der Woche tragen wir meist sehr dezente Düfte, die nur bei Körperkontakt richtig wahrgenommen werden. Eines der schönsten Komplimente ist es doch, wenn Freund*innen nach einer Umarmung direkt mit einem “Ach, was riechst du heute gut.” reagieren! Ein flüchtiges Erhaschen eines neuen unbekannten Duftes ist etwas sehr Besonderes. In puncto Raumduft haben wir eine andere Meinung: Wir sind momentan auf der Suche nach einem passenden Raumspray für unser Blumenatelier. Wir mögen den Gedanken, dass EMBLOSS bald einen eigenen Duft trägt.
Wie würdet ihr Berlin olfaktorisch beschreiben?
Vielschichtig, leicht muffig. Richtig Aufatmen können wir erst in Brandenburg, zum Beispiel am Werbellinsee. 40 Minuten mit dem Auto und du bist in der Karibik! Und nach dem langen Wochenende in der Idylle wird einem wieder der Straßenstaub am Montagmorgen ins Gesicht gewirbelt, weil plötzlich direkt vor der Haustür eine Baustelle ist. Danach riecht Berlin in erster Linie: nach dem Wechsel. Im Sommer Grillgeruch und Marihuana, im Winter… ach, lassen wir das mit Berlin und dem Winter!
Welche Rollen spielen Düfte in eurem alltäglichen Leben?
Sie beeinflussen jeden Tag unsere Stimmung und wecken Erinnerungen. Noch gestern lief eine Person an mir vorbei, die das gleiche Parfum trug wie eine enge Freundin vor 10 Jahren. Ich hatte sofort das Bild vor Augen: wir zwei vorm Späti in Kreuzberg, Anfang zwanzig.
Und zu guter Letzt: Welche sind eure Frau Tonis Lieblingsdüfte?
Der Dufttest sagt uns: N°22 Hamburg. Bisher haben wir Thé Arabique, Linde Berlin und Bogota Berlin probiert. Letzteres ist definitiv unser Favorit, der derzeit täglich im Atelier zum Einsatz kommt! Immer, wenn uns Menschen besuchen kommen, freuen sie sich darüber, „wie gut die Blumen riechen“… 🙂